Efendi Kebab

Sontheim: Auf dem täglichen Weg vom Studentenwohnheim zur Hochschule gehe ich geradeaus über den Kreisverkehr. Doch oft nehme ich hier aus gutem Grund einen kleinen Umweg in Kauf. Ich biege rechts ab und dann liegt links der Jörg-Ratgeb Platz. Hier gibt es alles, was das Sontheimer-Herz begehrt. Direkt an der Ecke eine Apotheke, etwas weiter einen Kiosk und auf der rechten Seite einen Supermarkt und eine Bank. Doch das wahre Zentrum des Platzes liegt noch etwas weiter hinten. Ich gehe an der Bank vorbei und zwischen Friseur und Shisha-Bar findet sich die Konstante des Jörg-Ratgeb Platz. Ein Geschäft, das dort schon seit über 28 Jahren Menschen zusammenbringt: der Efendi Kebab.

Denn „Efendi“ ist anders als der typische Kebab, wie man ihn oft von Bahnhöfen kennt und in dem man sich oft denkt: „Okay, ich hole mir schnell meinen Döner und dann bin ich weg hier.“ Nein, meinen Lieblingsdöner hole ich mir in einem Familienunternehmen, das von vielen als Treffpunkt Sontheims bezeichnet wird. Mit einem Außenbereich, der mittags angenehm im Schatten und abends in der Sonne liegt, lässt es sich vielleicht als ein Kebab mit Biergartenatmosphäre beschreiben. Da ich selbst sehr oft bei ihm zu Gast war und auch die verbronxt. seit fast zwei Jahren wöchentlich eine Partypizza für ihre Redaktonssitzungen bestellt, wollte ich einen Blick hinter die Kulissen wagen und die Inhaber kennenlernen. Ich habe das „Efendi“ also dieses Mal vor allem mit Hunger auf mehr Informationen besucht. Einen Döner gab`s natürlich trotzdem.

Der Inhaber, Mustafa Aydin, ist in jungen Jahren nach Deutschland gekommen und hat zunächst ist NRW seinen Abschluss gemacht. Dann war er in der Schuhfabrik in Kirchhausen (Nähe Heilbronn) tätig und hat den Kebab zusammen mit seiner Frau vor fast dreißig Jahren übernommen. Seit längerem unterstützt auch der Sohn das Geschäft in strategischen Belangen und bringt frische Ideen für neue Gerichte, die Gestaltung der Speisekarte oder der Theke. Er war übrigens auch Student an der HS Heilbronn. Die Drei haben mir die alte Speisekarte mit D-Mark Preisen gezeigt, auf der es damals nur vier Gerichte gab. Der Döner wurde früher nur mit Zwiebeln und Tomaten, ganz ohne Salat zubereitet. Die türkische Pizza, Lahmacun, wird jeher nach einem traditionellen Rezept der Familie zubereitet. Interessant war für mich vor allem, dass sich das „Efendi“ an die Umgebung angepasst hat und zum klassischen Kebab-Angebot auch Fassbier und Weine aus der Region von Anfang an mit auf die Karte genommen hat. Hier treffen verschiedene Kulturen aufeinander und ergänzen sich. Meiner Meinung nach ist das „Efendi“ ein Paradebeispiel für gute Integration.

Schon von Anfang an waren die Studenten von der Hochschule nebenan wichtige Kunden für den Kebab. Doch viele sind mehr als nur Kunden. Eine Studenten-WGs hat ihm zum Geburtstag ein gemeinsames Foto geschenkt, das jetzt im Laden hängt und kurz nach unserem Interview ist „Herr Efendi“ zu der Kirche nebenan verschwunden, da der Kameruner Chor dort einen Auftritt hatte, zu dem er eingeladen war. Vor allem mittags kommen jeden Tag viele Studenten und Schüler zum Essen. Nachmittags haben die Stammkunden den Laden mehr oder weniger für sich und ich konnte einige von ihnen (zum Beispiel Dieter und Dieter) kennenlernen. Die beiden kommen seit mehr als 15, bzw. 25Jahren hierher und trinken ihr Feierabendbier. Für einen Kebab fand ich das anfangs sehr skurril, jetzt  aber finde ich es einfach nur cool. Für sie ist Efendi und die Familie dahinter mehr als nur ein Kebab. Er sorge für Ordnung auf dem Platz, bei dem man in anderen Ecken öfter mal von Problemen mit der Polizei höre oder viele Glasscherben und Müll finde. Bei Efendi ist jeder willkommen, vorausgesetzt er benimmt sich respektvoll. Seine Frau ist hierbei das Herz und die Seele des Ladens, die bei Studenten und Stammgästen gleichermaßen beliebt ist. Die Stammgäste werden sogar zum Geburtstag oder auch mal zum Muppet-Show-Gucken am Abend eingeladen. Im Gegenzug packen diese auch mit an, wenn zum Beispiel wieder mal ein kleines Grillfest vor dem Laden ansteht oder etwas repariert werden muss. Dieter, seit über 25 Jahren Stammgast, freut sich vor über die Herzlichkeit von Muschti (schwäbische Adaption von „Mustafa“) und seiner Frau, als auch über den bunten Mix der anderen Gäste. Man komme immer wieder mit allerlei Menschen verschiedener Kultur und unterschiedlichsten Alters ins Gespräch.

Als nächstes steht bei Efendi Kebab eine Erweiterung des Angebotes um weitere vegetarische Gerichte und außerdem eine neue Theke an. Für Pizzaliebhaber gibt es seit ein paar Jahren einen Pizzaofen, in dem die leckeren Pizzen gebacken werden. Für Pizza, Döner, Seele und die anderen Produkte wird der frische Teig selbst hergestellt und auch die Salate und der Spinat für die Pide sind stets frisch. Efendi punktet bei seinen Gästen nicht nur mit Freundlichkeit, sondern auch mit Qualität und Geschmack. Schaut gerne mal auf einen Döner oder a Bierle vorbei!

 

 

Autor: Marc Hofrichter

 

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