Ein Plädoyer für mehr Selbstliebe

Nachdem wir nun alle einmal kräftig über den Titel gelacht haben, möchte ich dich bitten, die Masturbationsassoziationen beiseite zu legen und dennoch weiterzulesen. Denn dieser Text soll tatsächlich auffordern, sich selbst doch ein bisschen mehr zu achten, als man es vielleicht tut.

 

Wir leben in Zeiten der unbegrenzten Selbstdarstellung. So kommt es mir zumindest vor, wenn ich Facebook öffne und Alinas tausendstes Selfie gleich neben dem Livestream zu Johanns aktuellem Status seines Liebesurlaubs finde. Wieso sollte ich bei so viel Selbstverliebtheit also noch mehr fordern, meinst du?

Ist das aber wirklich Selbstliebe frage ich, oder nicht viel eher Unsicherheit?

 

Mich beschleicht häufig das Gefühl, Facebook sei ein einziger virtueller Schwanzvergleich. Wer hat die romantischere Beziehung? Wer die exotischeren Urlaubsbilder? Oder die meisten „Oh nein, ich muss so viel lernen!“ Posts? Ich glaube es geht uns bei dieser ganzen Posterei eher darum, anderen zu gefallen. Dabei müssen wir nur uns selbst gefallen!

Der dänische Philosoph Kierkegaard meint hierzu: „Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit.“

 

Das ist schon irgendwie seltsam. Ein Lebensziel der meisten Menschen, die ich kenne ist es schließlich glücklich zu sein. Und nicht Herrn Meier gefallen zu wollen.

Wir müssen auch nicht ständig andere überbieten. Eigentlich müssen wir nur uns selbst genügen. Uns wohlfühlen. Und anderen ermöglichen, sich ebenso wohlzufühlen.

Und laut Kierkegaard schaffen wir das, indem wir aufhören, uns ständig zu vergleichen. Du bist du und ich bin ich. Wir sollten die Fähigkeiten wertschätzen lernen, die wir haben. Sie bestmöglich einbringen und uns in ihnen üben, anstatt immer nur die der anderen haben zu wollen.

Spiele deine Stärken aus, sei du selbst, bli bla blubb. Wir haben es seit dem Kindergarten so oft gehört. Umso unverständlicher ist es mir, dass keiner danach handelt.

 

Deshalb fordere ich dich nochmal auf. Jetzt und hier. Vergleiche nicht deine Schwächen mit den Stärken anderer. Stütze sie soweit ab, dass sie dir nicht in den Rücken fallen. Aber stärke deine Stärken!

Und wenn du sie nicht gefunden hast: Halte Augen und Ohren offen. Entdecke, wo du dich einbringen kannst! Probiere dich aus! Jetzt im Studium stehen dir alle Wege dazu offen!

Du bist also echt ne dufte Type! Vielleicht nicht dufter als die Anderen, aber darum geht es überhaupt nicht. Und das wird jetzt bitte nicht auf Facebook gepostet 😉

 

Jonas Speiser

Selbstzweifler auf Honorarbasis

 

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Bild: János Adelsberger

Dieser Beitrag erschien in Ausgabe Nr. 5 vom 30.11.2016

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